4. Kommunale Eingriffe in den Wärmemarkt des Verbandsgebiets
Die Kommunen in unserem Verbandsgebiet greifen immer wieder in den Wärmemarkt ein, mehrheitlich in Baden-Württemberg, allerdings auch in allen anderen Bundesländern.
Zu den Eingriffen gehören Verbrennungsverbote sowie Anschluss- und Benutzungszwänge. Die entstehenden Probleme bearbeitet der VEH und unterstützt Betroffene.
Herr Dr. Lenk hat hierzu einige Beispiele gesammelt.
Zurzeit sind 1562 Kommunale Eingriffe in den Wärmemarkt (Verbrennungsverbote, Anschluss- und Benutzungszwänge) bekannt, davon im VEH-Gebiet 899 (Baden-Württemberg: 527, Hessen: 99, Rheinland-Pfalz: 101, Saarland: 6 und Thüringen: 166).
Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit:
79098 Freiburg/Breisgau
Im Baugebiet „Gutleutmatten“ wurden die Bauherren durch Bestimmungen in den privatrechtlichen Grundstückkaufverträgen zum Anschluss an das und zur Benutzung des von der Badenova betriebenen Nahwärmenetz(es) gezwungen. Mit dem Ergebnis, dass dort nach Bebauung des Gebietes die teuerste
Nahwärme Deutschlands zu verzeichnen war.
Auch im Baugebiet „Kleineschholz“ wird das Energiekonzept durch entsprechende Bestimmungen im privatrechtlichen Kaufvertrag durchgepeitscht. Dies bedeutet: Anschluss- und Benutzungszwang für Nahwärme, verbunden mit einem Verbot von Solarthermieanlagen sowie einer dezentralen
Wärmeerzeugung.
Den Schwerpunkt bildet zurzeit das Baugebiet „Dietenbach“: Im Überschwemmungsgebiet in den Dietenbachniederungen soll ein neues Baugebiet für 16.000 Menschen entstehen. Freiburgs geplanter Stadtteil „Dietenbach“ soll klimaneutral werden – durch ein neuartiges Energiekonzept. Doch am
Energiekonzept gibt es Zweifel, genährt durch die Erfahrungen mit „Gutleutmatten“. Für das Energiekonzept für „Dietenbach“ hat ein Ingenieurbüro vier verschiedene Varianten durchgerechnet. Favorisiert wird ein Modell, das auf einer zentralen Versorgung fußt und verschiedene Komponenten
von Wärmepumpen bis Wasserstoff kombiniert. Eine dezentrale Versorgung steht dagegen nicht zur Auswahl. In enger Zusammenarbeit mit dem Projekt Freie Wärme und dem Aktionsbündnis Baden-Württemberg für individuelles Heizen e.V., unser Verband zählt zu den Gründungsmitgliedern dieses
Aktionsbündnisses, unterstützen wir die Akteure aus Handwerk und Handel vor Ort, welche sich mit diesen Planungen der Stadtpolitik und Stadtverwaltung auseinandersetzen.
99867 Gotha
Die Fernwärme-Satzung vom 17.03.2022 löst die FW-Satzung vom 03.12.2009 ab. Das Ziel besteht in einer Ausweitung des Absatzgebietes. Die Satzung enthält einen Anschluss- und Benutzungszwang für Fernwärme. Auf den anschlusspflichtigen Grundstücken ist die Errichtung und der Betrieb von
Wärmeerzeugungsanlagen mit festen, flüssigen, gasförmigen Brennstoffen oder sonstigen Stoffen, die Rauch oder Abgase entwickeln, nicht gestattet. Ausgenommen davon sind Kaminfeuerstellen, sofern diese nicht ausschließlich der Beheizung von Gebäuden dienen, nur gelegentlich benutzt werden und
nur mit naturbelassenem Holz mit einem Feuchtegehalt unter 25 Prozent bezogen auf das Trockengewicht befeuert werden. Für Grundstücke, deren Warmwasser- und/oder Heizenergiebedarf durch emissionsfreie, z.B. solarthermische, geothermische Anlagen oder Anlagen der Wärmerückgewinnung teilweise oder
ganz gedeckt werden sollen, wird Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang in dem Maße, als der Warmwasser- und/oder Heizenergiebedarf durch die genannten Versorgungsarten ersetzt wird, erteilt. Nicht emissionsfrei sind Wärmeerzeugungsanlagen, in denen feste, flüssige oder gasförmige
Brennstoffe eingesetzt werden.
Aber es gibt auch überraschende Entwicklungen:
72458 Albstadt
Es ist seit langem bekannt, dass in sechs Wohngebieten Albstadts vielen „Häuslebesitzern“ nichts anderes übrigblieb, als mit Gas zu heizen. Die einschlägigen bekannten Bebauungspläne erlaubten keine anderen Heizungsarten. Laut Medienberichten von Mitte Oktober 2022 hat die Stadtverwaltung
aufgrund der gestiegenen Energiepreise, insbesondere für Gas und Strom infolge des Ukrainekrieges dies allerdings geändert und plant sogar die Überarbeitung der Immissionsbeschränkungen in den Bebauungsplänen. Laut Albstadts Ersten- und Baubürgermeister sei in den aktuellen Zeiten, wo Gas und
Strom nicht nur extrem viel teurer, sondern auch knapp sind, dies selbstverständlich kontraproduktiv. Daher sollen die Bewohner der entsprechenden Gebiete nun auch die Möglichkeit bekommen, auf andere Arten des Heizens auszuweichen oder sich zumindest, wie es aktuell zahlreiche Bürger tun,
beispielsweise einen Holzofen anzuschaffen. Übrigens kam ein Betroffener, welcher von uns über lange Zeit unterstützt wurde, wohl als Erster in den Genuss dieser Regelung.
Abschließend ein Beispiel für die zu erwartenden Entwicklungen im Wärmemarkt:
Am 1. Februar 2023 hat der Landtag von Baden-Württemberg das Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg verabschiedet. Mit diesem Gesetz wird das Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg aus dem Jahr 2013, das in den Jahren 2020 und 2021 novelliert wurde, fortentwickelt. Stadtkreise und Große
Kreisstädte sind verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2023 einen kommunalen Wärmeplan zu erstellen und beim zuständigen Regierungspräsidium einzureichen.
Aber auch kleinere Kommunen erarbeiten freiwillig, gelockt durch hohe Fördermittel des Landes Wärmepläne, wie das nachfolgende Beispiel zeigt.
Die Kommunen Asperg, Markgröningen, Möglingen und Tamm beantragen „im Konvoi“ Fördermittel für die Erstellung eines kommunalen Wärmeplanes unter Federführung von Markgröningen beim Land. Sie erwarten wichtige Hinweise, wie das Nahwärmenetz weiter ausgebaut werden kann und sie bis 2040
treibhausgasneutral mit Wärme versorgt werden können. Im Herbst dieses Jahres soll die Bearbeitung des kommunalen Wärmeplans beginnen. In 15 Monaten soll er mit Beteiligung aller Akteure fertiggestellt werden. Auch hier sind Handel und Handwerk gefordert, sich in die Diskussion einzubringen,
nicht zuletzt, um Anschluss- und Benutzungszwänge bzw. Verbrennungsverbote zu verhindern.
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